PROGRAMM

Fachtag Dortmund
„Antisemitismus im Wandel? Zwischen Israelhass und Verschwörungsmythen“

Mittwoch, 7. September 2022, in Dortmund


09:15 Uhr 
Ankommen und Registrierung


10:00 Uhr 
Begrüßung und Grußworte

Shelly Kupferberg, Moderation
Organisator*innen
Oberbürgermeister Thomas Westphal, Stadt Dortmund
Zwi Rappoport, Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde Dortmund

10:30 Uhr
Keynote „Kritik des Antisemitismus heute: Zwischen Verschwörungsideologien und dem Hass auf Israel" mit anschließender Diskussion

Prof. Dr. Stephan Grigat, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen

12:00 Uhr 
Mittagspause

Koscher und vegan

13:00 Uhr 
Workshopphase

Workshop 1: Antisemitische Wahrnehmungen des jüdischen Staates - wie lässt sich darauf pädagogisch reagieren?

Referent: Dr. Olaf Kistenmacher

Zu den aktuell verbreiteten Formen der Judenfeindschaft gehört der israelbezogene Antisemitismus. Bis heute wird erbittert darüber gestritten, wie man ihn definiert, wie man ihn von einer "Kritik" der israelischen Politik abgrenzt und was ihn motiviert. Für die pädagogische Arbeit stellt sich vor allem die Frage, wie auf ihn zu reagieren ist. Helfen Fakten? Mitunter werden antisemitische Vorstellungen aus fehlendem besseren Wissen reproduziert, doch häufiger sind sie eingebunden in einen weitergehenden politischen und gesellschaftlichen Kontext. Oft ist die "israelkritische" Haltung von einer spezifisch deutschen Schuldabwehr motiviert.

Der Workshop wird zeigen, wie sich mit einfachen Methoden ein Gut-Böse-Schema in Bezug auf die Konflikte zwischen Israel und den arabischen Staaten infrage stellen lässt und die Grundfrage angegangen werden kann: Warum empören sich in Deutschland mehr Menschen über die Politik des jüdischen Staates als über die europäische Migrationspolitik mit ihren Opfern, das Leid der Menschen im Yemen oder das Schicksal der uigurischen Bevölkerung Chinas?


Workshop 2: Israelbezogener Antisemitismus in der Schule

Referent: Sebastian Salzmann

Israelbezogener Antisemitismus — was ist das eigentlich? Dieser Workshop soll dazu dienen, sich dem Phänomen des israelbezogenen Antisemitismus im schulischen Kontext anzunähern.

In einem ersten Schritt rückt das Phänomen selbst in den Mittelpunkt: Wie begegnet uns israelbezogener Antisemitismus in der Schule, d.h. im Unterricht — aber auch darüber hinaus. Hier werden wir uns mit dieser Erscheinungsform und ihren Spezifika beschäftigen. Anschließend werfen wir einen Blick auf den israelbezogenen Antisemitismus als Thema oder Gegenstand des Unterrichts: Welche Unterrichtsinhalte eigenen sich zur Thematisierung? Wie kann das Thema in den verschiedenen Fächern integriert werden — und was gilt es dabei zu beachten?

Diese und weitere Fragen sollen in einem Workshop gemeinsam bearbeitet werden.


Workshop 3: Antisemitische Verschwörungsideologien als Herausforderung für die pädagogische Praxis

Referent: Christoph Hövel

Das Denken in Verschwörungen ist in modernen Gesellschaften allgegenwärtig. Von Bekannten, die das Corona-Virus als Vorwand für die Injektion eines Chips sehen, über den in Russland verbreiteten Antiamerikanismus, der hinter den Problemen des Landes US-amerikanische Verschwörer*innen wittert, bis hin zu Hollywood-Filmen wie z.B. Captain America – The Winter Soldier begegnen uns Verschwörungsideologien. Zwar sind nicht alle Verschwörungsideologien explizit antisemitisch, die allermeisten verbinden sich aber nahtlos mit tradierten antisemitischen Vorstellungen. In einer gesellschaftlichen Situation in der sich eine klare individuelle Verantwortung für gesellschaftliche Katastrophen nicht mehr herstellen lässt, bieten antisemitische Verschwörungsideologien einfache Lösungen. Sie versprechen weiterhin unmittelbare Gewissheit, wo sie der gesellschaftliche Wandel zunehmend auflöst.

In diesem Workshop erarbeiten wir gemeinsam die Herausforderungen, die das Verschwörungsdenken und seine Anschlussfähigkeit an das antisemitische Ressentiment für die pädagogische Praxis bieten und ordnen beides in aktuelle gesellschaftliche Prozesse ein. Aus diesen Herausforderungen ergeben sich schließlich eine Haltung, die der eigenen Arbeit für eine Stärkung der Demokratie zugutekommt, Handlungsmöglichkeiten im pädagogischen Umgang mit antisemitischem Verschwörungsdenken sowie Unterstützung für die von antisemitischem Verschwörungsdenken Betroffenen.


Workshop 4: „Gefühlte Wahrheit“. Sozialpsychologie des Verschwörungsdenkens

Referent: Florian Hessel

Verschwörungsideen sind populär. In Medien, Kultur und Politik, unter Erwachsenen und Jugendlichen, auf der Rechten, auf der Linken und in der Mitte. Sie sind uns allen vertraut.
Die Kampagnen der extremen Rechten, die Kanäle ‚alternativer‘ Medienschaffender oder das Gerücht aus ‚sicherer Quelle‘ im sozialen Netzwerk – wo eindeutige Erklärungen angeboten werden, sind die angeblich einfachen Lösungen nicht weit. Verschwörungsvorstellungen einigen Menschen über ein gemeinsames, absolutes, personalisiertes Feindbild.
Verschwörungsvorstellungen legitimieren kritiklose Zustimmung, Misstrauen und Kompromisslosigkeit, sie begünstigen Ressentiments wie Xenophobie, Antisemitismus oder Antifeminismus und entwerten Kritik-, Vertrauens- und Kompromissfähigkeit, die Basis für eine demokratische Gesellschaft.
Innerhalb des Workshops werden wir uns gemeinsam der Frage „Was heißt: Denken in ‚Verschwörungen‘?“ annähern, wesentliche Grundlagen der gesellschaftlichen und psychologischen Funktion und Wirksamkeit sowie deren Zusammenhang mit Judenhass ergründen – und wie man dem zielführend begegnen kann.


Workshop 5:Israelbezogener Antisemitismus aus der Perspektive Betroffener

Referent*innen: Tabea Adler und Winnie Mampe (OFEK)

„Die Einschätzung des aktuellen Antisemitismus aus nicht-jüdischer Sicht unterscheidet sich maßgeblich von dessen Rezeption durch Jüdinnen:Juden. Insbesondere durch die Behandlung als historisches und seit dem Ende des 2. Weltkrieges überwundenes Phänomen, tritt Antisemitismus einerseits in seinen gegenwärtigen Formen und Auswirkungen in den Hintergrund, andererseits wurden und werden Perspektiven und Erfahrungen von Jüdinnen:Juden häufig weder wahrgenommen noch gehört. Während Israelbezogener Antisemitismus für die Mehrheitsgesellschaft überwiegend ein auf bestimmte Gruppen beschränktes Phänomen bleibt, stellt es für viele Jüdinnen:Juden eine sehr reale Bedrohungslage und antizipierte Gewalterfahrung dar, die sich nicht auf bestimmte Gruppen der Gesellschaft begrenzt.

Im Workshop geht es darum, israelbezogenen Antisemitismus in seiner Wirkung auf Betroffene zu beleuchten. Fallbeispiele werden die Grundlage für Gespräche und Diskussionen über mögliche Umgangs- und Handlungsstrategien bilden.“


Workshop 6: Herausforderungen für eine gelungene (kommunale) Auseinandersetzung mit israelbezogenem Antisemitismus und Verschwörungsideologien

Referent*innen: N.N.

Ob bedingt durch einen aktuellen antisemitischen Vorfall, einen Beschluss im Stadtrat beziehungsweise Kreistag oder die Teilnahme am Bundesprogramm „Demokratie leben!“: Bundesweit setzen sich immer mehr Kommunen mit Antisemitismus auseinander und machen dabei häufig ähnliche Erfahrungen. Im Spannungsfeld zwischen der Anerkennung der IHRA Arbeitsdefinition, Förderung und Sichtbarmachung jüdischen Lebens, Schaffung einer Sensibilität innerhalb der eigenen Reihen oder den Konzerten eines populären Antisemiten sind sie immer wieder mit vergleichbaren Herausforderungen konfrontiert.

Im Rahmen des Workshops werden anhand von Beispielen aus der Praxis Herausforderungen, erfolgreich umgesetzte Handlungskonzepte und wesentliche Auseinandersetzung mit Antisemitismus erläutert und diskutiert



15:15 Uhr 
Podiumsdiskussion mit anschließendem Q&A

Alex Feuerherdt, Freier Publizist
Burak Yilmaz, Pädagoge und Buchautor
Dr. Jessica Schrinner, Leiterin des Zentrums für Interkulturelle Kompetenz der Justiz Nordrhein-Westfalen
Vladislava Zdesenko, Rechtsanwältin

Shelly Kupferberg, Moderation

17:00 Uhr 
Ende der Veranstaltung

 
Moderation: Shelly Kupferberg